Atemlos durch… den Tag – Einer der härtesten Wettkämpfe der Welt

Okay, eines gleich vorweg: die Überschrift ist etwas übertrieben. Es geht hier nicht um einen ganzen Tag, sondern lediglich um ein paar Minuten, aber dafür ist in denen die Atemlosigkeit umso größer. Aber der Reihe nach.

Ich schätze mal, die meisten von euch haben schon einmal die Feuerwehr bei der Arbeit beobachten können, sei es bei einer Vorführung, einem Video oder sogar einem echten Einsatz. Bei Bränden ist euch sicherlich aufgefallen, dass einige Feuerwehrleute mit Atemschutzmasken und Stahlflaschen auf dem Rücken herumlaufen und sich anhören wie Darth Vader. Was die allerwenigsten wissen: so kann man auch Sport machen!

In den USA, dem Ursprung von so manchem Wahnsinn, ist Anfang der 1990er aus einer eigentlich harmlosen Übung eine der härtesten Sportarten der Welt entstanden. Um die Anstrengungen eines durchschnittlichen Feuerwehreinsatzes (in diesem Fall ein sogenannter Innenangriff, also das Löschen eines brennenden Raumes) simulieren und trainieren zu können, wurde ein fünfteiliger Parcours entwickelt – und natürlich fingen die Draufgänger an, sich zu vergleichen. Und schon war eine regelrechte Manie geboren: 1991 gab es die ersten Wettkämpfe in den USA, 2007 den ersten in Berlin. Inzwischen gibt es auf der ganzen Welt Wettkämpfe in der sogenannten „Firefighter Combat Challenge“, kurz FCC. Und immer mehr eigentlich ganz normale Feuerwehrleute steigen in ein Training ein, das einem alles abverlangt. Und nebenbei dennoch auch eine wichtige Aufgabe erfüllt: man ist wesentlich besser auf die unzählbaren Gefahren eines realen Einsatzes vorbereitet. Dr. Paul O. Davis, ein Arzt, welcher die neue Sportart wissenschaftlich untersucht hat, meinte dazu: „Die Firefighter Combat Challenge ist ein Wettkampf, der außer dem puren Sport noch eine weitere Absicht verfolgt: es geht darum, einen der härtesten Jobs besser, schneller und sicherer zu machen.“

Was ist nun der Ablauf des Ganzen? Zunächst einmal wird sich komplett ausgerüstet, so wie man auch in ein brennendes Gebäude gehen würde: spezielle Schutzkleidung, Helm, Handschuhe und Atemschutzgerät. Man atmet also Luft aus einer Flasche auf dem Rücken, ähnlich wie beim Tauchen. Nur, dass man beim Tauchen mehr oder weniger schwerelos ist. Hier wiegt die ganze Ausrüstung alleine schon fast 20 Kilo. Voll ausgerüstet startet man am Fuße eines Gerüstturms, welcher ein dreistöckiges Gebäude darstellt. Direkt nach dem Startsignal gilt es, ein 19kg schweres Schlauchpaket zu schultern und 12 Meter den Turm hinaufzutragen. Wer schonmal eine Kiste Wasser, Bier oder ähnliches in seine Wohnung geschleppt hat kann ungefähr nachvollziehen, welche Anstrengung das ist. Doch das ist erst der Anfang: kaum oben angekommen muss als nächstes ein weiterer 19kg schwerer Schlauch an einem Seil hochgezogen werden – was einem leider die doch meist recht schöne Aussicht vom Turm gründlich vermiest. Noch mehr den Spaß vermiest einem allerdings die Tatsache, dass man bereits seit dem ersten Stockwerk außer Atem ist. Und mit akuter Sauerstoff-Bringschuld geht es weiter: nach dem Herunterrennen des Turmes (Verschnaufen kommt nicht in Frage) steht als nächstes die „Keiser Force Machine“ bereit, welche das in den USA übliche Einschlagen von Türen oder Dächern simulieren soll. Dabei steht man auf einem Podest und prügelt mit einem speziellen Hammer ein 72,5kg schweres Metallgewicht 1,50m nach hinten. Das Gewicht läuft auf einer Bahn zwischen den Beinen des Läufers unterhalb der Füße, man muss sich also weit nach vorne beugen um gut schlagen zu können. Wer da nicht seinen Bauchgurt ordentlich festgezogen hat bekommt bei jedem Schlag einen ordentlichen Schlag vom Gerät in den Nacken zurück, während demjenigen, der ihn zu fest angezogen hat, die Luft abgedrückt wird. Die Wahl der Qual. Ist das Gewicht hinten angekommen kommt der einzige Teil des Wettkampfes, der jedem normalen Sportler auch bekannt sein könnte: ein Slalomlauf über 40 Meter. Allerdings hat der normale Sportler üblicherweise kein Gewicht im Rücken hängen, welches die Kurve etwas weiter nimmt… Nun ja. Am Ende des Slaloms wartet ein mit Wasser gefüllter Schlauch darauf, 22 Meter nach vorne gezogen zu werden, um damit ein Hindernis umzuspritzen. Endlich echte Feuerwehr-Action! Leichtgewichte wie ich haben allerdings spätestens nach der Hälfte der Strecke kleinere Probleme, dem Gewicht des Schlauches etwas entgegen zu setzen, sodass das Ganze zu einer regelrechten Tortur für die Oberschenkel wird. Man fühlt sich, als würde man ein Auto einen Berg hinaufziehen. Zum krönenden Abschluss folgt die schlimmste Station: es gilt, einen 80kg schweren Dummy (das erreiche ich nichtmal mit Ausrüstung!) über 30Meter rückwärts zu schleppen. Es ist schon gemein, nicht einmal das Ziel sehen zu können, aber zu diesem Zeitpunkt hat man eh keine Gedanken mehr – außer: Luft!

Die besten Läufer in diesem Jahr haben das Ganze in unter anderthalb Minuten geschafft – ich war natürlich ein bisschen langsamer…

Im Ziel wartet eine kleine Crew aus Helfern, um einen aus den Klamotten zu befreien und endlich die Maske vom Gesicht zu nehmen – und für den Notfall warten gleich dahinter die Sanitäter. Je nach Typ, Erfahrung und Leistung sind die Läufer nach einer bis zwanzig Minuten wieder soweit fit – auf manchen warten danach noch Tandemläufe oder Staffeln, bei denen nochmal Teile des Parcours bewältigt werden müssen, hierbei allerdings ohne Maske. Sobald man wieder einigermaßen bei Atem ist und stehen kann fällt einem auch wieder ein, warum man das Ganze macht: ein unglaublicher Stolz auf das Geleistete durchströmt den Körper und lässt die Leiden des Parcours (der nicht umsonst „Five Stages of Pain“ heißt) vergessen. Nebenbei kommt man in Kontakt mit Feuerwehrleuten aus der ganzen Welt und lernt neue Freunde und Freundinnen kennen. Ja, richtig gelesen, es gibt auch Frauen, die diesen Wahnsinn mitmachen. Und das ist eine Leistung, die noch mehr Anerkennung verdient als die der Männer – siehe die Gewichtsproblematik.

Die Firefighter Combat Challenge Germany findet jedes Jahr am ersten Septemberwochenende auf dem Tempelhofer Feld statt. Weitere Wettkämpfe gibt es in Strasbourg (Frankreich), Bled (Slowenien), Torun (Polen), Geiselwind, Moselle und und und. Und, da uns das ja noch nicht reicht, gibt es auch noch andere Feuerwehrwettkämpfe. Neben dem „Toughest Firefighter Alive“ (eine nochmal krassere Variante mit wesentlich intensiveren Stationen) gibt es auch diverse Treppenläufe, bei denen wir in kompletter Schutzausrüstung und selbstverständlich unter Atemschutz Hochhäuser hinaufrennen (ich erinnere an die Getränkekiste vom Anfang). Einer der bekanntesten findet übrigens auch in Berlin statt: beim Firefighter Stairrun gilt es, das Hotel Park Inn am Alexanderplatz hochzulaufen. Sind ja nur 110 Höhenmeter…

Nun habt ihr gesehen, welche Leistungen manche Feuerwehrleute so nebenbei (viele übrigens ehrenamtlich!) erbringen – auch, um für eure Sicherheit zu sorgen. Wer sich das Ganze mal ansehen möchte: auf YouTube gibt es etliche Videos von Einzelläufen, manche auch aus der Ego-Perspektive. Und das FCC-Team Berlin hat eine recht informative Internetseite und eine Facebook-Seite, auf welcher man auch den kompletten Livestream der Challenges findet.

Lektüre & Video:
http://firefighter-challenge-germany.de/de/infos/fcc-berlin/11.-berlin-fcc.html
http://www.tfa-berlin.de/index.php/berlin-firefighter-stairrun/beschreibung.html
https://www.youtube.com/watch?v=mcLyDo57Mu8

Foto: Keith Lovett – Hose Hoist-Competitor raising a 42 lb. donut roll up the 5 story FCC Tower


Dominik kennt einfach kaum Grenzen – Gut so, denn die Arbeit der freiwilligen Feuerwehr ist unabdingbar und ein Ehrenamt, welches viel zu häufig vergessen wird.


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