Auf nach Norden – Mit dem Fahrrad nach Rügen

Sollte euch Berlinern mal langweilig sein und ihr etwas Zeit und Kondition mitbringen, ich hätte da eine Idee: warum nicht einfach mal mit dem Fahrrad an die Ostsee radeln?

Von Hennigsdorf (Endstation der S25) nach Stralsund sind es nur 230km, und von da nur noch ein Katzensprung auf die Insel Rügen. Sowas kann man laut Routenplanern in nicht mal 16 Stunden fahren, wenn man durchfährt. Also nichts wie los!

Noch nicht einmal sechs Stunden nach meiner Rückkehr nach Berlin hatte ich einen persönlichen Grund, etwas Verrücktes zu machen und mich zu verausgaben – also warum nicht radeln? Schnell noch ein bisschen Proviant eingekauft, ein paar Notwendigkeiten eingepackt und ab ging es. Erst mit der S-Bahn bis an die Grenze Berlins, und dann ab nach Norden. Die Route führte zunächst in das ländliche Brandenburg, das mich mit bestem Wetter, schöner Landschaft und hübschen kleinen Dörfern empfing. Allerdings war teilweise noch ein Hauch DDR zu spüren, denn mancher „Weg“ machte eher den Eindruck, dass man Schlaglöcher mit Asphalteinfassungen umgeben hatte. Gottseidank hatte das Mountainbike eine gute Federung. So ging es immer weiter nach Norden, bis zum Nationalpark Müritz. Ein wunderschöner Weg durch die Müritzer Seenlandschaft – und schon ist man in Mecklenburg-Vorpommern. Hier wollte ich bei Einbruch der Dunkelheit in einem Maisfeld übernachten, wie ich es auch schon von meinen Wanderungen durch Italien gewohnt war. Nur gab es einen kleinen Temperaturunterschied zwischen einer italienischen Augustnacht und einer Mecklenburgischen Septembernacht… also ging es in der Nacht noch weiter. Teils zu Fuß, teils auf dem Rad ohne Licht ging es durch eine mondhelle Nachtlandschaft, die einen solchen Frieden ausstrahlte wie man ihn in Berlin nie finden kann. Es war wunderschön! Die Kälte war bei Bewegung sehr angenehm und erfrischend, und erst gegen halb vier Uhr morgens, nach 170 Kilometern, kauerte ich mich in ein Bushäuschen um ein wenig zu ruhen. Nur, anscheinend sind sämtliche Bushäuschen so konstruiert, dass man hofft der Bus möge so schnell wie möglich kommen: Auf einer knapp einen halben Meter langen Metallbank, bei ausgeschlagenen Scheiben und unbequemer Wand war an Erholung nicht zu denken – noch dazu weil es nun wirklich empfindlich kalt geworden war.

Im Morgenrot ging es weiter. Es versprach ein wunderschöner Tag zu werden, und in Demmin waren die ersten Schulkinder und Arbeiter schon unterwegs. Wie durch ein Wunder hielten meine Oberschenkel immer noch tapfer durch, sodass die letzten 60km nach Stralsund auch noch einigermaßen angenehm vorbeigingen. Und dann lag die alte Hansestadt auch schon vor mir. Nach der Besichtigung der Altstadt ging es über die alte Rügenbrücke auf die Insel, wo natürlich ein standesgemäßes Fischbrötchen und ein verdientes Bierchen nicht fehlen durften. Noch ein Abstecher mit dem Zug nach Prora und Binz, und dann ging es auch schon wieder heim. Schließlich wartete am nächsten Morgen um 6 Uhr die Arbeit auf mich – und ausnahmsweise bin ich diesmal mit dem Bus dahin gefahren…

Die körperlichen Auswirkungen hatten es nämlich in sich: die Oberschenkelmuskeln, welche durch langjähriges Training im Firefighter Stairrun recht gut trainiert waren, machten dankenswerterweise fast keine Probleme. Was aber ab kurz vor Stralsund etwas kaputt war waren die Knie (genauer gesagt beiderseits der musculus quadriceps femoris), von Anfang an der Rücken (durch den Rucksack) und ganz besonders meine Sitzfläche… der Sattel war leider keine recht gute Wahl, sodass ich zum Schluss fast nur noch stehend fahren konnte. Genauere Beschreibungen der Schmerzregion kann sich wohl jeder selbst denken. Besonders die unzähligen Kopfsteinpflaster waren hierbei die reinste Qual.

Weggemacht wurden die Schmerzen jedoch vom Stolz, diese Etappe geschafft zu haben. Reine Fahrzeit waren ca. 14 Stunden, und die gesamte Strecke kam fast ohne Umwege aus – und das ohne Navi oder Handy! Ein solches Abenteuer kann jedem nur empfohlen werden, der sich ablenken will, Kondition, Abenteuerlust, einen starken Willen und ein gutes Fahrrad besitzt.


Dominik kennt einfach kaum Grenzen… erneut! Verfolgt seine weiteren Abenteuer bei uns.


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